Grenzen schützen. Sie schützen dein ureigenes Territorium – dein Selbst. Wenn wir gesunde Grenzen besitzen, wissen wir, wie weit wir gehen können und können sowohl „Ja“ als auch „Nein“ zu anderen sagen.
Opfer narzisstischen Missbrauchs verfügen sehr oft über keine gesunden Grenzen, insbesondere wenn keine Regeneration stattgefunden hat. Entweder haben sie noch nie Grenzen gehabt oder die eine oder andere brüchige Stelle ist während des Missbrauchs vom Narzissten derart eingerissen worden, dass nun mächtige Lücken klaffen.
Manche Opfer sind dazu übergegangen, sehr starre, rigide Grenzen aufzuziehen, schlicht, weil sie große Angst davor haben, erneut missbraucht zu werden. Doch wenn du über gesunde Grenzen verfügst, werden dich narzisstische Manipulationen ohnehin nicht mehr erreichen, da wir bei gesunden Grenzen eine starke Identität besitzen, uns als Individuen achten und unsere Gefühle und Bedürfnissen klar kommunizieren können, ohne aber dabei zu vergessen, dass letztlich nur jeder Einzelne für sich die Verantwortung dafür trägt, sein eigenes Leben zu gestalten. Im Gegensatz zu starren Grenzen, leben wir kein „Inselfeeling“, sondern stehen in einem durchlässigen Austausch miteinander und können daher auf besondere Situationen flexibel reagieren.
Gesunde Grenzen sind somit der goldene Schlüssel zu einem selbstermächtigten Leben und zugleich das Abwehrschild für toxische Menschen. Doch, wie diesen Schlüssel ausfindig machen und ihn bedienen? Damit du dir diese Frage beantworten kannst, habe ich ein paar Tipps für dich.
Tipps zum Bilden gesunder Grenzen
Erster Tipp: Sich selbst schätzen
Wenn du dich selbst schätzt, dann wirst darauf bedacht sein, das nur das Beste für dich in Frage kommt. Aus diesem Grund wirst du für Manipulationen weit weniger empfänglich sein, wenn du dich selbst zu schätzen weißt. Deinen Selbstwert kannst du stärken, wenn du für dich herauszufinden versuchst, was dich inspiriert und dir Freude bereitet und dann genau dies in dein Leben fließen lässt. Du bist es wert, ein Leben nach deinen Wünschen zu führen. An dieser Stelle glaube ich nicht nur daran, ich weiß es. Und damit du es auch wissen kannst, lade ich dich dazu ein, darüber nachzudenken, warum du es wert bist, das zu erreichen und zu erhalten, was du dir wünschst. Es kann dir helfen, wenn du hierzu einen Zettel und einen Stift zur Hand nimmst und deine Gedanken zu Papier bringst.
Zweiter Tipp: Werte definieren und zu ihnen stehen
Ungesunde oder schwache Grenzen sorgen dafür, dass du zu Dingen „Ja“ sagst, die sich für dich eigentlich nicht gut anfühlen und deinen eigentlichen Werten nicht entsprechen. Daher ist es wichtig, dass du deine Werte wahrnimmst, sie kennen lernst und als deine Grenzen akzeptierst. Kannst du das und verfügst du somit über gesunde Grenzen, dann fällt es dir gar nicht schwer zu Dingen, die deinen Werten nicht entsprechen „Nein“ zu sagen.
Dritter Tipp: Gesunde Grenzen aus Selbstliebe und Achtung
Schwache Grenzen findest du dann vor, wenn du dich für andere und um des lieben Friedens willen aufopferst. Dann sagst du nämlich „Ja“, obwohl du „Nein“ sagen solltest. Sehr straffe und somit ebenfalls ungesunde Grenzen setzen wir dann, wenn wir Angst davor haben, verletzt oder manipuliert zu werden. Dann verneinen wir auch in Situationen schnell, in denen bejahen aber die bessere Variante für uns wäre. Wenn du gesunde Grenzen aufbauen möchtest, dann kannst du dies nur, wenn dir klar wird, dass diese Grenzen aus Liebe und Achtung vor dir selbst, aber auch vor anderen gebildet und verteidigt werden. Sind also Achtung und Mitgefühl dein Antrieb, dann fällt es dir sehr leicht Grenzen zu setzen.
Vierter Tipp: Gefühle als Hilfsmittel verwenden
Deine Gefühle können für dich ein guter Ratgeber sein, um deine Grenzen auszuloten. Das mag dir vielleicht erst einmal komisch vorkommen, da du bisher die Erfahrung gemacht hast, dass deine Gefühle dich nur in Schwierigkeiten bringen, sie missbraucht werden und/oder negativ verschaltet sind. Doch du kannst sie für dich positiv nutzen. Hierzu brauchst du nichts weiter tun, als für einen kurzen Moment inne zu halten, bevor du jemandem auf eine Anfrage antwortest. Fühle im wahrsten Sinne des Wortes in dich hinein, wenn du dir vorstellst, wie es nun wäre „Ja“ zu sagen: Was für Gefühle kommen bei der Vorstellung in dir hoch? Fühlt es sich gut/warm/angenehm/freudig usw. an? Oder fühlst du Enge, ein bedrückendes Gefühl in der Brust? Nun stelle dir vor, du würdest mit einem „Nein“ antworten: Kannst du plötzlich frei durchatmen? Fällt dir ein Stein vom Herzen? Oder fühlt es sich so an, als wenn der Stein eher im Magen sitzt und unangenehm in Bewegung gerät? So kannst du ausloten, mit welcher Antwort du dich besser fühlst und genau diese wählen. Jedes Mal, wenn du dich für dein Wohlergehen entscheidest, wirst du gesunde Grenzen aufbauen und stetig stärken. Es wird dir von Mal zu Mal leichter fallen.
Fünfter Tipp: Um Unterstützung bitten & ggf. Verantwortung teilen
Menschen mit gesunden Grenzen bitten um Hilfe, wenn sie sich überfordert fühlen oder einfach eine Tätigkeit nicht allein bewältigen können. Dies stellt für sie kein Problem dar, da sie wissen, dass Verantwortung manchmal auch geteilt werden muss und sie gleichzeitig ihre Grenzen nicht übertreten dürfen. Sie fühlen sich dafür nicht schuldig und können auf diese Weise ihre Grenzen achten bzw. wieder aufbauen. Bitte also um Unterstützung, wenn du an deine Grenzen stößt und delegiere auch einmal verantwortungsvolle Aufgaben.
Sechster Tipp: Das Wort „Nein“ sagen lernen
Opfer narzisstischen Missbrauch tun sich sehr schwer mit dem Wort „Nein“. Sie erlauben es sich oft gar nicht, es auszusprechen und fühlen nicht selten sogar Schuld, wenn sie es nur denken. Dabei ist das Wort „Nein“ absolut wichtig, um deine Grenzen bilden und aufrecht zu erhalten. Lerne es zu sagen. Darüber hinaus kannst du dir selbst als Übung Sätze überlegen, die dir dabei helfen, dein „Nein“ klar vorzubringen, aber ohne unhöflich zu sein. Ein „Nein“ kann schließlich auch höflich formuliert, aber trotzdem deutlich gesetzt werden.
Herzliche Grüße,
PS: Ich bin übrigens der Ansicht, dass du es wert bist, ein Leben nach deinen Wünschen zu führen.